Ich bastle nicht jeden Tag – und mein Kind leidet nicht

(Warum weniger Beschäftigung oft mehr ist)

Es gibt diesen Moment, den wahrscheinlich jede Mama kennt.

Man scrollt kurz durch Pinterest oder Instagram – und plötzlich ist es da: dieses leise, nagende Gefühl.

Andere Mütter basteln scheinbar jeden Tag. Selbstgemachte Motorikspiele. Kreative Projekte. Perfekt vorbereitete Bastelstationen.

Und ich?

Ich sitze mit kaltem Kaffee am Tisch, der Haushalt ruft, mein Kind spielt auf dem Boden – und wir basteln nicht.

Lange Zeit dachte ich: Mit mir stimmt etwas nicht.

Ich müsste mehr machen. Mehr anbieten. Mehr fördern. Mehr basteln.

Heute weiß ich:

Ich bastle nicht jeden Tag – und mein Kind leidet nicht.

Der unsichtbare Druck: „Gute Mamas basteln“

Niemand sagt es laut, aber viele fühlen es:

Eine „gute Mama“ ist kreativ.

Eine „engagierte Mama“ beschäftigt ihr Kind sinnvoll.

Eine „liebevolle Mama“ fördert ständig.

Pinterest zeigt uns keine müden Tage.

Keine überforderten Abende.

Keine Kinder, die einfach nur spielen wollen.

Was wir sehen:

  • perfekt gedeckte Basteltische
  • lächelnde Kinder
  • ruhige, aufgeräumte Wohnzimmer

Was wir nicht sehen:

  • Vorbereitung
  • Stress
  • Erwartungen
  • Erschöpfung

Und plötzlich glauben wir, Basteln sei Pflicht.

Warum ich aufgehört habe, mich dafür zu rechtfertigen

Es gab Tage, da habe ich mir selbst Vorwürfe gemacht:

„Wir haben heute nichts Kreatives gemacht.“

Dabei war mein Kind:

  • draußen
  • neugierig
  • fröhlich
  • in Bewegung
  • bei mir

Irgendwann habe ich mir eine ehrliche Frage gestellt:

Leidet mein Kind wirklich – oder leide nur ich unter dem Vergleich?

Die Antwort war klar.

Basteln ist schön – aber nicht notwendig

Ich möchte das klar sagen:

👉 Basteln ist nichts Schlechtes.

Aber:

👉 Tägliches Basteln ist keine Voraussetzung für eine gute Kindheit.

Kinder brauchen:

  • Beziehung
  • Sicherheit
  • Raum für eigenes Spiel
  • echte Aufmerksamkeit
  • Zeit – nicht Programme

Kreativität entsteht nicht nur am Basteltisch.

Sie entsteht beim:

  • Spielen
  • Beobachten
  • Nachmachen
  • Experimentieren
  • Fantasieren

Was mein Kind stattdessen lernt

1. Freies Spiel

Wenn ich nicht ständig etwas „anbiete“, denkt sich mein Kind eigene Dinge aus.

Aus einer leeren Kiste wird ein Auto.

Aus Stöcken ein Bauprojekt.

2. Selbstständigkeit

Mein Kind muss nicht ständig angeleitet werden.

Es darf selbst herausfinden, was es spielen möchte.

3. Langeweile aushalten

Langeweile ist kein Feind.

Sie ist der Anfang von Kreativität.

4. Alltag als Lernfeld

Beim Kochen, Aufräumen oder Einkaufen lernt mein Kind mehr als bei vielen Bastelprojekten.

Warum Langeweile wichtig ist (und wir sie verlernt haben)

Viele von uns haben Angst vor Langeweile.

Wir wollen sie vermeiden – für unsere Kinder und für uns selbst.

Doch Langeweile:

  • fördert Fantasie
  • stärkt Problemlösung
  • macht Kinder erfinderisch

Wenn wir jede Minute füllen, nehmen wir ihnen genau das.

„Aber mein Kind will doch beschäftigt werden…“

Ja.

Kinder suchen Nähe. Aufmerksamkeit. Verbindung.

Aber das heißt nicht:

  • Animation rund um die Uhr
  • kreative Programme
  • Dauerbespaßung

Oft reicht:

  • dabei sein
  • zuhören
  • gemeinsam im Alltag handeln

Der wahre Grund, warum Basteln so präsent ist

Basteln ist:

  • sichtbar
  • fotografierbar
  • teilbar

Beziehung nicht.

Ein Kind, das sich sicher fühlt,

eine Mama, die präsent ist –

das passt nicht in einen Pinterest-Pin.

Mama-Schuldgefühle: Woher sie wirklich kommen

Schuldgefühle entstehen nicht, weil wir etwas falsch machen.

Sie entstehen, weil wir glauben, es gäbe nur einen richtigen Weg.

Den gibt es nicht.

Was ich meinem früheren Mama-Ich sagen würde

  • Du musst nicht alles anbieten
  • Du darfst müde sein
  • Dein Wert misst sich nicht an Bastelprojekten
  • Dein Kind braucht dich – nicht deinen Basteltisch

Wann Basteln trotzdem schön sein kann

Ich bastle manchmal.

Wenn:

  • wir Lust darauf haben
  • Zeit da ist
  • kein Druck entsteht

Nicht, weil es „sollte“.

Sondern, weil es passt.

Was wirklich zählt

Nicht wie oft du bastelst.

Sondern:

  • wie verbunden ihr seid
  • wie sicher sich dein Kind fühlt
  • wie sehr du dir selbst vertraust

Wenn du dich wiedererkennst

Vielleicht liest du das und denkst:

„Endlich sagt das mal jemand.“

Dann ist dieser Text für dich.

Du darfst loslassen.

Du darfst anders sein.

Du darfst genug sein.

Fazit

Ich bastle nicht jeden Tag – und mein Kind leidet nicht.

Vielleicht geht es ihm gerade deshalb so gut.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert